REGIE - KRITIKEN
Opernwelt März/2015 Erlösung dem Erlöser? Parsifal war Wagners letzte Karte – mit dem Weltüberwindungswerk vom „reinen Toren“ wollte er eine Kunstreligion stiften. Thilo Reinhardt unterzog das pseudosakrale „Bühnenweihfestspiel“ in seiner Wuppertaler Inszenierung einer radikalen Gegenlektüre. Mit seinem Bühnenbildner Harald Thor verlegte er Wagners heiligen Bezirk im ersten Akt in die Sporthalle eines Elite-Internats oder einer schlagenden Verbindung, den männerbündischen Charakter der esoterischen Gralsgesellschaft betonend. Es befremdet zunächst, Gurnemanz als Fechtlehrer einer Erziehungsdiktatur zu sehen. Aber das konsequent durchgehaltene Bild des Fechtens entwickelt eine eigene Logik. Der anfänglichen Harmlosigkeit werden mit dem Auftritt des schwerkranken Institutsdirektors Amfortas, dann des Außenseiters Parsifal erste Risse versetzt; im Aufmarsch der Gralsritter – der Parodie eines farbenprächtig und detailsatt inszenierten burschenschaftlichen Stiftungsfestes – bricht sie vollends in sich zusammen. Die Enthüllung des Grals wird zum blasphemischen Ritual. Der Wein, den der wie Christus ans Kreuz geschlagene Amfortas der lechzenden Menge spendet, ist sein eigenes Blut. Die Szenerie kehrt im dritten Akt wieder – aber nicht als Wagners „freie anmutigende Frühlingsgegend“, sondern als verwüstete Ruine. Gurnemanz schaufelt Titurels Grab, Kundry taucht als psychisch verstörte aus einem der umgestürzten Spinde auf. Parsifal kehrt als Anführer eines Trupps zerlumpter Soldaten aus dem Krieg zurück. Die Karfreitagsaue wird zur Friedensutopie, bei der er mit den Versprengten das Abendmahl feiert. Das abermalige Ritual der Gralsenthüllung, die Amfortas ein letztes mal vollziehen soll, zeigt Reinhardt als gespenstischen Zug mit Rollstuhl, Rollator und Krücken bewaffneter Alter. Das Kriegsgerät und der goldene Mantel des Amfortas werden verbrannt: Das Zeichen für einen Neuanfang jenseits ideologischer Zurichtungen. Erlösung dem Erlöser? Die Wagnerianer im Premierenpublikum jedenfalls waren empört. Für sich steht der zweite Akt, Parsifals Begegnung mit den als Cheerleaders kostümierten Blumenmädchen in Klingsors Zaubergarten, den Reinhardt in die nächtliche Turnhalle verlegt. Aus diesem Rahmen isoliert er den Verführungsversuch Kundrys, die sich des Kindheitstraumas des vaterlos aufgewachsenen Parsifal bedient – links als lebende Statue die schwangere, rechts die verwitwete Mutter (die sich dann als Klingsor entpuppt): eine hell ausgeleuchtete, kühl das Geschehen sezierende Ikonografie. Trotz ihres Hangs zu Verrätselungen überzeugt die Inszenierung. Zum einen weil ihr Setting die Handlung zwar umpolt, aber deren Struktur und, mit Ausnahme des Schlusses, auch deren Sinn bewahrt. Zum anderen wegen ihrer eindringlichen Personenführung, die selbst in den Massenaufmärschen die einzelnen Choristen und Statisten oft wie mit dem Zoom herausholt. Dem Verzicht auf Pathos ordnet sich Toshiyuki Kamioka unter, der vor allem im ersten Akt zügige Tempi anschlägt und das glänzend disponierte Sinfonieorchester Wuppertal – tonschön die Holzbläser! – zu entfettetem, manchmal vielleicht allzu zurückhaltendem Spiel anhält. Auch bei der Auswahl der Solisten setzte Kamioka auf leichtere, deutlich deklamierende Stimmen. Tilmann Unger sang die kräftezehrende Partie des Parsifal mit biegsamem, baritonal timbriertem Tenor – hier wächst ein großes Talent heran. Gleiches gilt für Kathrin Görings wandlungsfähige Kundry, deren klangvoller Mezzo vor allem im zweiten Akt glänzte. Mit erfreulich klarem Ton Klingsor von Andreas Daum, während dem hellen Bass von Thorsten Grümbels Gurnemanz in der Tiefe der nötige Nachdruck fehlte. Einzig Thomas Gazheli als Amfortas enttäuschte trotz eindringlichen Spiels. Uwe Schweikert TOSCA Oper Köln „Der Regie sind dabei einige geradezu berauschende Szenen gelungen. Einige Passagen im ersten Akt sind wirklich ganz großes Theater! […] Das Ganze ist in jedem Fall eine beeindruckende Aufführung geworden, die vor allem musikalisch sehr überzeugend ist. Die Regie hat dazu eine bildreich-fulminante Inszenierung entwickelt.“ (WDR Lokalzeit Köln, 18. Mai 2012 von Gerrit Busmann) „Regisseur Thilo Reinhardt schuf gewaltige Bilder zwischen Kreuz, Altar und Gewalt. Großer Applaus und Bravos!“(BILD, 18. Mai 2012 von Michael Bischoff) HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN Komische Oper Berlin „Thilo Reinhardt ist ein Abend gelungen, der im besten Sinne den Geist des Komische-Oper-Gründers Walter Felsenstein beschwört. Hier geben sich Musik und Theater gegenseitig Kraft. (...) Reinhardt glaubt an das Werk, vertraut der Partitur, und will einfach nur die Geschichte erzählen (...) Genau darum geht es, ums volle pralle Bühnenleben, um Theaterzauber, der nicht viel technischen Aufwand braucht, der das Publikum mit einem kleinen Drehbühnentrick und verschiebbaren Lamellenwänden auf die schwankenden Planken Venedigs schickt, der Hoffmanns Leben im Schnelldurchlauf von den Sixties bis heute durchmisst, der auch mal Holzschnittartig gearbeitet sein kann, weil hier Volksmusiktheater gemacht wird – mit Betonung auf den mittleren Silben. Lange hat man in der Behrendstr. Nicht mehr so genußvoll zuhören können, wie bei diesem „Hoffmann“, weil die Optik bei aller Vitalität des Bühnengeschehens das Gesamtkunstwerk Oper nicht dominiert. (Tagesspiegel, Frederik Hansen 6.2.07) „... So erinnert das perfekte Zusammenspiel der Musik mit Maske, Licht, Personenführung und Bühnenbild hier an Zeiten, in denen die komische Oper einstmals Theatergeschichte schrieb.“ (Martin Wilkening, FAZ 7.2.2007) DIE TOTE STADT Musiktheater im Revier „Regisseur Thilo Reinhardt arbeitet in den langen Traumsequenzen die tiefenpsychologischen Aspekte der Handlung überzeugend heraus. Im Schicksal Pauls, der nach dem Tod seiner Frau Maria seine Wohung in eine „Kirche des Gewesenen“ verwandelt hat ... spiegelt sich das Schicksal einer im Vergangenen verharrenden Gesellschaft, die den Schock über den Untergang einer Epoche nicht verwunden hat. Inszenierung, Darsteller und die exzellente Nue Philharmonie Westphalen unter Heiko Maria Förster wurden nach der Premiere zu Recht begeistert gefeiert.“ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 1.3.2010) „großen, einhelligen Premierenjubel gab es ... ganz besonders auch für das stimmige Inszenierungesteam ...“ (Ruhrnachrichten 2.3.2010) SIMONE BOCCANEGRA Passauer Theater „Wow, was für ein Opernabend! Bombastisch! Gänsehaut, Rückenschauer und Nägelkauen ...“ (Passauer Woche 23.12.03) „Reinhardt zeichnet die Charaktere markant in höchst intelligenter Personenregie ...“ (Passauer Neue Presse“ 22.12.03) „Einfallsreich und überzeugend: Simone Boccanegra“ im Landshuter Stadttheater (...) es ist diese schon zur Gewohnheit gewordene Schreckenswelt, in der Thilo Reinhardt den Rohstoff findet für sein Konzept, mit dem er die von heute aus so entlegen scheinende Geschichte des Simon Boccanegra auf die Bühne des Landshuter Stadttheaters stellt. Sie, diese Geschichte, erweist sich dabei als brandaktuell. Immer wird irgendwo in der Welt um die macht gekämpft. Heute natürlich nicht mehr mit dem Schwert (...) und dann, wenn draussen der Aufstand losbricht, greifen drinnen alle zu ihren Schießeisen mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie zum Mobiltelefon. An dieser Stelle gelingt Reinhardt eines seiner zahlreichen Bilder von beklemmender Eindringlichkeit. Natürlich fügt sich nicht jedes Wort des Textes in ein solches Szenario. Doch die düstere Musik, die Verdi seinem wahrhaft düsteren Stoff abgerungen hat, ist in all ihrer Ausdrucksgewalt darin mit verblüffender Schlüssigkeit szenisch umgesetzt.“ (Landshuter Zeitung, 5.1.2004) DER BARBIER VON SEVILLA Nationaltheater Weimar „Was man vom cineastischen Klischee-Kalifornien backstage zu kennen glaubt, all das hat Thilo Reinhardt zerschnipselt und so wieder zusammengesetzt, dass man der Filmset-Hollywood-Villa gern das Komödien-Sevilla abnimmt (...) Reinhardt brennt in seinem Slapstick-Dauerlauf zum Komödien-Happyend nicht nur ein geheimnisvoll schwebendes qualmendes Briefchen ab, sondern fügt ein Feuerwerk von Einfällen in einen stimmigen Kontext ... er schwebt mit leichter Verfremdungshand durchs Intrigengespinst, ohne auch nur einen der Fäden zu zerstören. Das macht glucksende Zuschauerfreude und beweist eine Könnerschaft, zu der man Weimar nur gratulieren kann.“ (Joachim Lange, Opernwelt März 2003) LA BOHEME Nationaltheater Weimar „Junge Menschen von heute eben, nicht der sentimentale Schmus, mit dem Theaterbesucher sonst gern abgefertigt werden (...) Wie wenig hier ein ausgedachtes Konzept dem Stück übergestülpt, sondern die Oper für heutige Zuschauer neu durchdacht und gerettet wird, zeigt sich schon im zweiten Akt (...) wie genau das einstudiert ist, spricht sowohl für diesen Sänger als auch für die Personenregie, die auch die übrigen Rollen genau beobachtet hat. Der zweite Akt, der so oft in beschaulichem Gewimmel untergeht, ist hier mit dem bösen Blick inszeniert und bleibt doch dem Theater nichts schuldig – so kurzweilig habe ich das noch nicht gesehen (...) Musetta mag nun endlich Frieden schliessen mit Marcello, doch sicher sein dürfen wir da nicht nach diesem Abend schwarzen Humors: Es wurde gern gelacht über die kleinen Gags in Weimar, doch am Ende herrschte langes Schweigen, bis der große Beifall hereinbrach ... (Bernd Feuchtner, Opernwelt, 2001) LUSTIGE WEIBER VON WINDSOR Staatstheater Cottbus „Der bei Götz Friedrich, Ruth Berghaus und Achim Freyer in die Schule gegangene Regisseur hat Otto Nicolais Opernlustspiel im Stil einer spritzigen Boulevardkomödie angelegt. Nichts in dieser ebenso kurzweiligen wie partiturgenauen Bühnengaudi wirkt aufgesetzt (...) Die ganze Cottbusser Windsor-Affaire bereitet gewaltigen Spaß – von der süffig-federnden Ouvertüre bis zum herrlich verkitschten Soap-Finale, wenn Fenton und Anna das Glück über ihre heimliche Traumhochzeit als strassfunkelnde Schlageraffen ins Mikro hauchen, während die bessere Hälfte der Schützenbrüder sich zu einem dilettierenden Revueballett formieren, das das lieto fine mit putzigen Winkelementen begleitet. Weil jeder Gag penibel aus dem Geist der musikalischen Dramaturgie einstudiert und jedes Bild als stimmiger Teil der ganzen Nicolaischen Lustbarkeit geraten ist, erreicht die Aufführung eine Leichtigkeit, die selbst an großen Häusern selten zu finden ist. (Albrecht Thiemann, Opernwelt 4/2001) HELLO DOLLY Theater Görlitz „Regisseur Thilo Reinhardt und Ausstatter Paul Zoller stellten am Wochenende die verrückteste „Dolly“ vor, die ich je sah (...) im Pappkarton, Beziehungskiste in der Kiste, parodiert und überdreht die meisten Figuren bis zur Absurdität, macht aus der Nummernparade eine Slapstickfolge. Diese verdrehte und in den Figuren mit Achtung gebietender Konsequenz durchgehaltene Spielweise bildet ein geschlossenes, insgesamt überzeugendes Theaterkunstwerk“ (7.5.01 Daniel Schubert, Sächsische Zeitung) CALANDRO Staatstheater Cottbus „Blitzgescheit mit mal leisem, mal eher deftigem Witz zaubert man dagegen mit bescheidenen Mitteln an der Kammerbühne des Theaters Cottbus „Calandro“ auf die Bühne (...) Thilo Reinhardt inszeniert hier mit Pfiff (Georg Friedrich Kühn, Frankfurter Rundschau, 26.1.1999) DER VETTER AUS DINGSDA KLeisttheater Frankfurt/Oder „Von dem Augenblick an, wo sich der silbern glänzende Vorhang auf der kleinen Bühne teilt, den Blick auf Klaus Grünbergs genialisch einfaches, inspiriertes Szenenbild freigibt und Thilo Reinhardts rasante Inszenierung aus den Startlöchern schiesst, sind alle Gedanken an Provinzialität vergessen. Regisseur und Bühnenbildner nehmen das Stück, eigentlich ein blumiges Märchen mit den üblichen Verwechslungen und dem unvermeidlichen Happy End, so ernst, wie es mit dem Genre leider gar zu selten geschieht. Was dabei herauskommt, ist spannendes, packendes Theater (...) Eine liebevolle Genauigkeit im Detail zeichnet die Arbeit aus (...) Kleine Gesten, stilisiert und leitmotivisch eingesetzt wie etwa das ungläubige Augenwischen bei Wilhelmine und Josef, verraten die stilistische Nähe Reinhardts zu Ruth Berghaus, deren Arbeit ihn sichtlich beeinflusst hat. Doch Reinhardt bricht mit dem Absolutheitsanspruch der Zeichensprache, den die Regisseurin verfocht, und spielt mit den Elementen verschiedener Stilrichtungen. Niemals jedoch verliert sich bei ihm eine Figur in Beliebigkeit oder gar konventionellen Posen. Die einzelnen Charaktere sind nbis ins Letzte durchdacht und schlüssig umgesetzt. Obwohl Reinhardt mit zum Teil witzigen Überzeichnungen, mit Künstlichkeit und Verzerrungen arbeitet, kauft man ihm jede Figur als „aus dem wirklichen (?) Leben gegriffen“ ab. Dies gelingt ihm so überzeugend, dass musikalisch-sängerische Schwächen, die den Zuschauer vielleicht zuerst zusammenzucken lassen, als integraler und anders nicht zu denkender Teil der Figuren erlebt und sozusagen „schön gehört“ werden (...) In Berlin vermißt man solch erfrischende, temporeiche und doch tiefgehend-substantielle Unterhaltung. Vergleiche dieses „Vetters“ mit Produktionen des Metropol-Theaters müßten vernichtend für letzteres ausfallen. Die ach so schwere leichte Muse Berlins (und nicht nur die) sollte sich ein Beispiel am Kleisttheater nehmen. Denn das Märchen vom neuen Regie-Wunder – hier könnte es einmal wahr werden ... „ (Jochen Breiholz, Focus Opernwelt 1997) „Die Inszenierung hat Magie und Witz, und sie leistet sich eine Portion Nachdenklichkeit“ (Berliner Morgenpost, 22.1.97) „An Reinhardt Inszenierung beeindruckt, wie ernst er das Genre Operette nimmt. Nirgendwo aufgesetzter Klamauk ...“ (Deutschlandfunk, Bernhard Doppler) FIDELIO DNT Weimar „Wie eine Schließerfamilie sich dort behaglich einrichtet, wie sie Brutalität im Alltag lebt, das zeigt Regisseur Thilo Reinhardt in atmosphärisch dichten, packenden Szenen“ (Thüringer Allgemeine, 7.2. 05) „Thilo Reinhardts ebenso bedrückende wie wahrhaftige Inszenierung brauchte den stillen Auftritt der Weimarer Bürger als immanenten Gegenentwurf zum Werk.“ (Deutschlandfunk 7.2.05) „Thilo Reinhardt´s Lesart ist konsequent, zugleich auch bitter ...“ (Der neue Merker, März 2005) AUFSTIEG UND FALL DER STADT MAHAGONNY Theater Trier „Auf der einen Seite die Tempelfassade eines klassizistischen Bankgebäudes, dahinter die Bierzeltarchitektur einer Horrorkneipe, in der die Tische und Stühle dann durcheinanderfliegen. In dieser Gegensätzlichkeit spielen sich die von Gastregisseur Thilo Reinhardt brisant und mit hoher Geschwindigkeit in den Auftritten inszenierten Ereignisse ab (...) Wer in Mahagonny kein Geld hat, ist zum Tode verurteilt. Das will uns die nunmehr 80 Jahre alte Oper sagen und auf alle Gegebenheiten einer weltlichen Wirtschaftskatastrophe übertragen. Der lange Beifall des Publikums bewies, dass man mit dieser Devise wohl übereinstimmt.“ (Luxemburger Wort, 27.4.2009) RIGOLETTO Theater Flensburg Für das Landestheater hat der Berliner Thilo Reinhardt den packenden Opern-Krimi neu inszeniert. Da der Regisseur seit seinem Flensburg-Debüt mit Mozarts „Zauberflöte“ für ebenso eigenwillige wie konsequente Deutungen bekannt ist, durfte man einiges erwarten – und wurde nicht enttäuscht: Reinhardt verlegt die Handlung kurzerhand in eine spießige Kneipe (Ausstattung: Paul Zoller) deren Wirt Rigoletto ist (...) spannend wird Reinhardts Geschichte durch Hinweise auf ein besonderes Verhältnis zwischen Rigoletto und Gilda. Ein Vater sperrt seine Tochter im Keller ein – tat das nicht vor langer Zeit ein gewisser Fritzl im fernen Österreich? (...) Das raffinierte Regiekonzept setzen hervorragend aufspielende und singende Darsteller um (...) Eine verflucht gute Produktion, die reichlich Diskussionsstoff in sich trägt.“ (Flensburger Tageblatt, 25.5.2009 Christoph Kalies) GIANNI SCHICCHI Theater Flensburg „Regisseur Thilo Reinhardt, in Kiel zuletzt verantwortlich für die Bilderflut in Purcells „Dido und Aeneas“, hat in Flensburg eine bitterböse Inszenierung des Einakters herausgebracht. Er nimmt den Witz des Stückes angenehm ernst und meidet so jeden verharmlosenden Anflug von Klamauk.“ (Kieler Nachrichten, 25.2.2008) ZAUBERFLÖTE Theater Flensburg „Reinhardt, einer Fachzeitschrift zufolge einer der talentiertesten jüngeren Opernregisseure in Deutschland, hat die „Zauberflöte“ in die 1920er Jahre geholt und erzählt die Geschichte eines zerstörerischen Familienzwists, wie er auch heute passieren könnte (...) Wer an Reinhardts „Zauberflöte“ Gefallen finden will, der muss traditionelle Sehgewohnheiten aufgeben. Doch Reinhardts Deutung ist schlüssig – und das mit nur wenigen pfiffigen Strichen und Umstellungen sowie einigen modernisierten Dialogen. Das Ensemble von den Hauptdarstellern bis zum bestens disponierten Chor animiert er zu darstellerischen Höchstleistungen. Und faszinierend ist die Lichtregie, die dem ganzen Kinoatmosphäre verleiht und Mozarts fantastische Oper in die Fantasiewelt von heute verlagert (...) in jeder Hinsicht eine gelungene, witzige und zeitgemäße „Zauberflöte“. Aber auch eine moderne, wie man sie am Landestheater bisher selten sah.“ (Flensburger Tageblatt, 10.4.2007) „ Was für ein Spuk! Am Ende sitzt der junge Mann wieder allein auf der Bühne und hat noch immer die Schlinge (Schlange) in der Hand. Diese Geschichten verbinden sich erstaunlich gut mit Mozarts wunderbarer Musik. Thilo Reinhardt erfindet neue „Bilder“ – mit erkennbaren Anklängen an wegweisende Regie-Lehrmeister – und definiert das innere Wesen der Figuren neu. Das macht er mit Ironie und Intelligenz, mit innerer Logik, in spanenden Konstellationen und „erleuchtender“ Lichtregie. Die begabten Sänger-Darsteller konnten die Absichten des Regisseurs dem Publikum, das sich zunehmend für die neue, alte „Zauberflöte“ erwärmt, nahebringen.“ (Holsteinischer Courier 2.5.2007) CABARET Oper Dortmund Regisseur Thilo Reinhardt und Choreograf Ben Voorhaar legen den Musical-Klassiker als brillante, sehr kurzweilige und durchaus Broadway-taugliche Revue aus den 30er Jahren an (...) Das Thema Nationalsozialismus ist zwar ständig präsent, wird aber dennoch nicht überstrapaziert. (Ruhr Nachrichten, 1.10.2002) BEZAUBERNDES FRÄULEIN Theater Oldenburg „Ich habe lange nicht mehr so gelacht“, verkündet eine zierliche Dame mit weißem Haar, „und ich habe ganz heiße Hände vom Klatschen“ – Ihr Beifall galt dem „Bezaubernden Fräulein“ (...) sicherlich auch in der kommenden Spielzeit ein Publikumsmagnet im Kleinen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters (...) Das Geschehen wurde, mit Slapstick-Gags aufgepeppt und mit aktuellen Bezügen gewürzt, witzig inszeniert, was der eher hausbackenen Original-Handlung zugute kommt.“ (Nordwest-Zeitung, 17.7.2000) DON PASQUALE Kleisttheater Frankfurt/Oder Am Frankfurter Kleisttheater brachte man das Stück zur Premiere. Schon jetzt kann man nur bedauern, dass durch das Saisonende die Tage dieser durch und durch gelungenen Inszenierung gezählt sind. Noch von letzter Spielzeit in bester Erinnerung: Das Dream-Team Reinhardt/Grünberg, das für einen spektakulären „Vetter aus Dingsda“ gesorgt hatte. Auch diesmal bewies das junge Gespann wieder ein sicheres und glückliches Händchen fürs Komische jenseits billigen Klamauks. Die Geschichte vom kurierten Hagestolz auf Freiersfüssen verlegt Klaus Grünberg in eine Art Bunker fast schon kafkaesken Zuschnitts. In diesem lichtlosen Verlies haust Don Pasquale, Börsenkurs und Heimsafe fest im Blick, Kein Wunder, dass mit dem falschen Bräutchen der Herzkollaps naht, denn hier gerät eine festgezimmerte Welt regelrecht ins Schwimmen. Wenn Thilo Reinhardt das inszenierte Rendezvous des letzten Bildes unter Wasser verlegt, feiert er auf feinsinnige Weise die anarchische Kraft ungezügelter Phantasie.“ (Märkische Allgemeine, Potsdamer Tagesszeitung, 17.11.97) LA TRAVIATA Merzig „Ist Thilo Reinhardts Inszenierung vielleicht nichts anderes als eine modisch aufgepeppte und provozierende Aktualisierung der romantischen „Kameliendame“-Geschichte? Mag sein. Auf den zweiten Blick sieht man mehr: Die bittere und groteske Zuspitzung eines Stoffes, den zwei heutige Kultautoren ebenfalls ausgeschlachtet haben – worauf der Regisseur klar anspielt (...) Die „Traviata“ ist eine schlüssige Übertragung der traurigen Liebesgeschichte aus einem Pariser Salon des 19.JH in unsere Welt, indem sie die Geschichte „verbetriebswirtschaftlicht“: Am Ende ist die Traviata für ihre ehemaligen Freunde wertlos geworden. Als kleine Nutte mit billiger Perücke torkelt sie über die Strasse. Ohne Geld, oder sonstiges (Körper-)Kapital wird sie vom Türsteher ihrer alten Bar harsch abgewiesen (...)" (Saarbrücker Zeitung, 19.8.2005) |